Changemaker Markttag: Wo Kinder zu Unternehmern werden

An Marktständen verkaufen die Kinder ihre selbstgebastelten Produkte.
„Hallo, wollen Sie diesen Ball kaufen? Kostet einen Euro!“ – Wer in den nächsten Tagen am Campus der Wirtschaftsuniversität Wien unterwegs ist, könnte so oder so ähnlich von jungen Entrepreneuren angesprochen werden. Sie wollen Business machen und setzen dafür ihre Verkaufskünste ein. Was es damit auf sich hat? Im Rahmen des „Changemaker Markttags“ werden Volksschulkinder zu Unternehmern und verkaufen ihre selbst gemachten Produkte. Der KURIER war vor Ort und hat mit einem der Initiatoren des Projekts gesprochen.
KURIER: Herr Franke, Sie und das WU Entrepreneurship Center haben den Markttag 2017 ins Leben gerufen: Warum?
Nikolaus Franke: Wir haben gemerkt, dass man mit 22 Jahren schon relativ spät dran ist, um zum allerersten Mal über Selbstständigkeit nachzudenken. Es wäre besser, wenn sie mit dieser Idee früher in Berührung kommen würden. Ich habe eine Zeit lang in den USA gelebt – dort ist dieser Entrepreneurgeist tief in der Kultur und Mentalität verankert. Hierzulande ist man oft noch skeptisch. Dabei brauchen wir unternehmerische Ideen gerade jetzt, um Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden.
Und da können 10-Jährige ansetzen?
Kinder sind begeisterungsfähig, träumen aber oft nur von Berufen, die sie aus ihrem Umfeld kennen – Lehrer, Arzt, Verkäufer oder Friseur. Unternehmertum kommt dabei seltener vor. Im Changemaker-Programm erleben sie, dass sie selbst etwas bewegen können. Auf diese Weise ermöglichen wir positive Schlüsselerlebnisse. Und ein schöner Nebeneffekt ist, dass auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern mitbekommen, wie nützlich und wertschaffend Entrepreneurship ist.
- Seit 2017 findet der Changemaker Markttag an der WU Wien statt. Rund 2.500 Volksschüler werden von „Changemakern“ dabei unterstützt, ihre ersten eigenen Unternehmensprojekte umzusetzen und ihre Ideen zur Marktreife zu bringen. Und neben einer „Kinder-Vorlesung“ im Audimax der WU Wien erkunden die Schüler gemeinsam mit Studierenden und Professoren das Thema „Unternehmertum“.
- Wer sind die Changemaker? Studierende vom WU-Gründungszentrum aus den Bereichen Entrepreneurship und Pädagogik.
- Die Changemaker Markttage finden am 5. und 16. Juni 2025 jeweils von 10:30 Uhr bis 12:30 Uhr am Campus der WU Wien statt. Vor Ort können Besucher die Projekte der Kinder kaufen.
Hatte der Markttag bislang den gewünschten Effekt?
Während der Vorlesung habe ich die Schüler gefragt, was sie vom Markttag mitnehmen. Ihre Antwort: Dass man nicht aufgeben darf und dass man an sich glauben muss, auch wenn es mal schwierig wird oder etwas nicht klappt. Das ist superwichtig. In Europa haben wir die Tendenz, Fehlerfreiheit als Ideal zu sehen. Ich erkläre das immer so: Spielt man Fußball mit zehn Verteidigern und einem Torwart, kommt ein gegnerischer Ball vielleicht nicht durch – aber man selbst schießt auch keine Tore. Dabei gewinnt man nur so das Spiel. Das gilt auch für Innovationen: Wir brauchen Mut und müssen bereit sein, Risiken einzugehen.
Sind Kinder in manchen Fällen die besseren Unternehmer?
In gewisser Weise schon. Kinder haben das Eis am Stiel erfunden und die Entwicklung der Sofortbildkamera inspiriert. Weil ihnen noch Wissen fehlt, haben sie keine Scheuklappen. Sie sind wahnsinnig kreativ und stellen Fragen, auf die Erwachsene gar nicht kommen. Aber: Wie behält man diese Kreativität bei und lernt, die PS auf die Straße zu bringen, also eine Idee auch unternehmerisch umzusetzen? Das ist etwas, das unser Bildungssystem zusätzlich unbedingt braucht.
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