No Angels am Donauinselfest: Was wurde aus Vanessa?

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Die deutsche Band No Angels gehört zu den größten Acts des diesjährigen Open-Air-Festivals. Ex-Mitglied Vanessa Petruo wagte vor Jahren einen radikalen Karrierewandel.

Sie galten als die "deutschen Spice Girls" und sind bis heute die erfolgreichste Girl Group Deutschlands: Die No Angels brachten Anfang der Nullerjahre frischen Wind in die Charts, gliederten sich perfekt in den damals so stark nachgefragten Bubblegum-Pop-Sound ein. Auch beim diesjährigen Donauinselfest am 21. Juni werden die No Angels dem Publikum einheizen und für reichlich nostalgische Gefühle sorgen.

Das Novum an der Band waren damals aber weniger die (perfekt produzierten und eingängigen) Songs, sondern die Entstehungsgeschichte: Die No Angels waren die Gewinner der allerersten "Popstars"-Staffel und somit die erste Band, die eine (deutsche) Castingshow gewann – und deren Entstehung man so von Beginn an vorm Fernseher mitverfolgen konnte. Eine Beziehung zwischen Fans und Band bestand also schon lange vor der ersten Single "Daylight in your eyes", die auch prompt mit einmal Gold und zweimal Platin ausgezeichnet wurde. "Daylight in your eyes" verkaufte sich in 24 Stunden sage und schreibe 500.000 Mal.

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Vanessa Petruo, Nadja Benaissa, Lucy Diakovska, Sandy Mölling und Jessica Wahls erreichten somit in kürzester Zeit den Pop-Olymp. Auch das Debütalbum "Elle'ments" verkaufte sich über eine Million Mal – ein bis heute seltener Erfolg für eine deutsche Band.

In den folgenden Jahren veröffentlichten die No Angels mehrere erfolgreiche Alben wie "Now… Us!" (2002) und "Pure" (2003). Mit Hits wie "Something About Us", "Still in Love with You" oder "There Must Be an Angel" dominierten sie viele Jahre lang die Charts und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Echo, der Bambi, die Goldene Kamera und sogar der World Music Award.

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2003 kam es zur Trennung der Band, 2007 zu einem ersten Comeback – schon damals erstmals zu viert, denn Vanessa Petruo kehrte nicht zur Band zurück. Für Fans ein Schock – und unvorstellbar: Petruo war nämlich nicht nur der Fan-Liebling, sondern kristallisierte sich auch früh als kreativer Kopf der Band hinter den Kulissen heraus. So schrieb sie (gemeinsam mit Co-Autoren) den Nummer-1-Hit "Something About Us", mit dem die Band erstmals nicht nur musikalisch einen neuen – frecheren, eckigeren – Sound anschlug, sondern sich auch textlich selbstbewusst gegen alle Kritiker wehrte.

Auch 2021, beim zweiten Comeback der No Angels anlässlich ihres 20. Band-Jubiläums, war Petruo nicht dabei. Streitereien zwischen ihr und den anderen Bandmitgliedern wurden aber stets vehement von allen Seiten zurückgewiesen. 

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Versuche als Solokünstlerin

Nach dem Ausstieg bei den No Angels blieb Petruo dem Musikbusiness erhalten und versuchte sich als Solokünstlerin: 2004 veröffentlichte sie unter dem Namen Vany ihre erste Solo-Single "Drama Queen" – ein eingängiger Pop-Rock-Song mit Funk-Elementen, der es immerhin auf Platz 11 der deutschen Charts schaffte. Ein durchaus solider Start, aber gleichzeitig auch ein deutlicher musikalischer Bruch mit dem Sound der No Angels. In Österreich reichte es aber nur für Platz 35 in den Charts, in der Schweiz gar nur für Platz 88.

Die zweite Single "Hot Blooded Woman" 2005 geriet zum kommerziellen Flop, ebenso ihr Debütalbum "Mama Lilla Would". Von der Kritik aber wurde das Album aufgrund seiner musikalischen Vielfältigkeit gelobt. Heute gilt das Album unter Musikkennern als Geheimtipp.

Nach (und teilweise auch bereits während) den No Angels war Petruo auch als Synchronsprecherin und Schauspielerin aktiv. Zudem war sie als Songwriterin für andere Künstler aktiv. 

Mit "Ich muss mich bewegen" erschien 2011 ihr letzter Song auf YouTube. Zu weiteren Alben kam es nicht. 2014 gab sie bekannt, sich vollends aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. 

Radikaler Karrierewandel: Von der Bühne ins Labor

Nach dem Ende ihrer Entertainment-Karriere begann Vanessa ein Fernstudium der Psychologie an der FernUniversität in Hagen und schloss dieses mit einem Bachelor of Science-Titel ab. Danach war sie am Max-Planck-Institut als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig, bevor sie ein Masterstudium in kognitiven Neurowissenschaften an der Technischen Universität Dresden absolvierte, das sie mit Auszeichnung abschloss. 

Im Dezember 2018 promovierte sie im Bereich der kognitiven Neurophysiologie mit dem Prädikat "Magna cum laude". In ihrer Dissertation untersuchte Petruo kognitive Flexibilitätsprozesse und deren neurophysiologische Grundlagen bei gesunden und psychisch erkrankten Jugendlichen.

Seit 2020 lebt der einstige Pop-Star Vanessa Petruo in Los Angeles. Sie arbeitete als Postdoktorandin an der University of Southern California. Im "Brain & Music Lab" des USC Brain & Creativity Institute forschte sie. Dort dürfte sie inzwischen aber nicht mehr tätig sein.

"Trage die No Angels in meinem Herzen"

Kurz vor dem zweiten Comeback der No Angels veröffentlichte Petruo auf Instagram ein Statement: "Ich habe vor einigen Jahren die Entscheidung getroffen, nicht mehr öffentlich aufzutreten. Ich habe studiert, lebe und arbeite mittlerweile in Los Angeles", schrieb sie dort. 

Das bestätigte auch Mölling, die damals in der Sendung "Grill den Henssler" betonte, nicht sauer auf ihre Ex-Kollegin zu sein: "Das nehme ich auch gar nicht übel. Sie ist in den Staaten in Los Angeles an der Uni und doziert dort Psychologie und macht da eine großartige Karriere, also Chapeau."

In ihrem Statement betonte Petruo zudem, gerne an ihre Zeit bei den No Angels zurückzudenken: "Ich freue mich, dass ihr nach so vielen Jahren noch an mich denkt und trage die No Angels in meinem Herzen."

"Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht"

2023 wandte sich Petruo aufgrund der anhaltenden Fragen der Fans, wieso sie nicht Teil des No Angels-Comebacks is, noch einmal an die Öffentlichkeit. In einer Instagram-Story teilten die No Angels ein erneutes Statement ihrer Ex-Kollegin, in dem sie unter anderem schreibt: "Zudem möchte ich betonen, dass ich mich sehr darüber freue, dass die Band wieder zusammen ist und Musik macht, und ich wünsche ihnen von ganzem Herzen viel Erfolg. (...) Es ist wichtig zu wissen, dass es keinen Groll oder Streit zwischen mir und den anderen gibt. Wir haben uns einfach auseinandergelebt und gehen nun unterschiedliche Wege. Unsere gemeinsame Zeit in der Band werde ich immer in Ehren halten und bin dankbar für die wunderbaren Erinnerungen, die wir zusammen geschaffen haben."

Außerdem schrieb sie: "Wie einige von euch wissen, hat sich mein Leben seit der Auflösung der Band vor über 20 Jahren in eine andere Richtung entwickelt. Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht und ich habe meine Leidenschaft für die Musik nie verloren. Sie hat sich lediglich in eine andere Form gewandelt – ich genieße es, Musik privat zu machen und meine kreative Energien auf andere Weise auszudrücken."

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