Von der Ape zum Tris: Dreiradler aus Italien gehören noch nicht zum alten Eisen

Piaggio Ape
Wie die legendäre Ape den Wiederaufbau in Italien schulterte und wer demnächst einen Nachfolger bringt.
  • Die Produktion der legendären Ape von Piaggio wurde in Italien eingestellt, erfolgt aber weiterhin in Indien.
  • Fiat präsentiert mit dem elektrischen Tris einen Nachfolger im Geiste der Ape, mit Fokus auf saubere und zugängliche Verkehrsmittel.
  • Fiats Tris wird zunächst in Afrika und dem Mittleren Osten angeboten, könnte aber bald auch in Europa erhältlich sein.

Jeder, der in Italien einmal Urlaub gemacht hat, kennt sie – die Ape und hat meistens auch gleich den nervigen, knatternden Ton des Zweitakters im Ohr. Allerdings wurde Ende vergangenen Jahres das Aus für die Ape made in Italy eingeläutet. Wegen nicht mehr erfüllbarer Sicherheits- und Abgasvorschriften durch die EU beendete der Hersteller Piaggio die Fertigung im Stammwerk Pontedera in der Toskana. 

Gebaut wird sie freilich weiterhin. Schon seit 1999 wird die Ape in Indien, wo Piaggio eine Fabrik hat, für den dortigen Markt und auch für andere Märkte in Asien und Afrika produziert.

Piaggio Museum

Ape-Varianten im Piaggio Museum in Pontedera

Geschichte der Ape

Begonnen hat die Geschichte der Ape (so wie auch der Vespa) mit einem Konstrukteur namens Corradino d’Asciano. Sein Interesse galt aber den Hubschraubern, an deren Entwicklung er in der Zwischenkriegszeit arbeitete. Die Zusammenarbeit zwischen Piaggio, damals Flugzeugbauer, und d’Asciano begann Anfang der 1930er-Jahre. Für Piaggio entwickelte d’Asciano auch vornehmlich Flugzeuge, wobei ihn das Interesse an den Hubschraubern nie wirklich los ließ.

Nach dem Krieg war es sowohl mit den Flugzeugen als auch mit den Hubschraubern vorbei. Italien war die Herstellung von Militärflugzeugen von den Alliierten verboten worden. Das Land brauchte für den Wiederaufbau andere Gerätschaften. Enrico Piaggio hatte schon 1944 den Auftrag erteilt, ein geeignetes Transportvehikel zu entwerfen. Der erste Prototyp des Motorrollers, der Moto Piaggio von Renzo Spolti, bekam den Beinamen "Paperino" – die italienische Version von Donald Duck. Man kann sich denken, dass Enrico Piaggio mit dem Teil nicht glücklich war und beauftragte d’Asciano damit, den Roller zu überarbeiten. 1945 war der Prototyp MP6 fertig, der ein Jahr später als Vespa 98 in Serie ging.

Piaggio Ape 1948

Erste Variante der Ape - man saß noch im Freien

War die Vespa (zu deutsch Wespe) der schicke Roller, so kam bald danach mit der Ape (Biene) quasi die dringend benötigte Nutzfahrzeug-Version. Konstruiert von Corradino d’Asciano war die erste Ape eine Vespa mit drei Rädern und einer Ladefläche hinter dem Fahrer. Im November 1946 wurde sie auf dem Autosalon in Mailand vorgestellt und 1948 begann die Massenproduktion. Gedacht für Gewerbe und Landwirte, für die ein Lkw nicht erschwinglich war, wurde sie zur Arbeitsbiene in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg. Und das Ding war nicht nur leistbar, sondern auch praktisch für die engen Gassen vieler italienischer Städte. Angetrieben wurden die ersten Apes von einem 125cc Motor, die Nutzlast betrug 200 kg. 1956 bekam die Ape eine geschlossene Fahrgastzelle, eine besondere Version war die so genannte "Pentaro" - quasi eine Ape als Sattelschlepper mit fünf Rädern. Ab Ende der 1960er wird mit der Ape MPV auch eine Version mit Pkw-Lenkrad statt der Moped-Lenkstange angeboten.

Piaggio Ape Varianten

Zeitgenössische Werbung mit diversen Versionen der Ape

Piaggio brachte angetrieben durch den Erfolg nicht nur ständig verbesserte Versionen mit mehr Hubraum und mehr Nutzlast, sondern kam auf den passenden Werbeslogan: "Ape, das Fahrzeug zum Geld verdienen". Im Laufe der Jahre wurde der kultige Dreiradler auch zu einem beliebten Werbeträger und sogar Papst Benedikt bekam einst eine Ape als "Apamobil" - natürlich in Weiß. Weit über 6 Millionen Apes wurden seit 1948 hergestellt.

Fiat Tris

Während die klassische Ape von Piaggio nunmehr also nur mehr in Indien vom Band läuft, meldet sich nun Fiat und präsentierte vor Kurzem ein dreirädriges Transportvehikel im Geist der Ape. „Angesichts des Wachstums der Städte und der zunehmenden Notwendigkeit sauberer und zugänglicher Verkehrsmittel, sahen wir die Chance etwas total Einfaches und dabei sehr Nützliches anzubieten“, erklärt Fiat-Chef Olivier Francois.

Tris heißt das Gefährt von Fiat Professional und es fährt natürlich elektrisch. Der Akku hat eine Kapazität von 6,9 kWh und soll für eine Reichweite von rund 90 km gut sein – wobei man im Stadtverkehr ohnehin nicht mehr bräuchte, erklärt man bei Fiat. Mit dem 9 kW Motor ist der Tris maximal 45 km/h schnell. Fiat bietet drei unterschiedliche Aufbauten an und die Zuladung beträgt 540 kg.

Fiat Tris

Produziert wird der Tris in Marokko und soll zunächst in Märkten in Afrika und dem Mittleren Osten verkauft werden. Aber: „Europa könnte schon als nächstes an die Reihe kommen“, stellt Olivier Francois in Aussicht. 

Elektrisch ist übrigens auch die Ape made in India im Angebot. Man hat sogar die Wahl, ob man einen herausnehmbaren Akku zum Wechseln haben will. Und auch eine CNG-Version ist in Indien zu haben.

Am Ende sind es wieder kleine Gewerbe oder Selbstständige, die die Zielgruppe für den Tris sein sollen. So wie bei der Ape Ende der 1940er-Jahre – nur dass Begriffe wie Last Mile Delivery, B2B Micromobility oder Zero Emission, die sich der Tris auf die Fahnen heftet, damals noch gänzlich unbekannt waren. 

Corradino d'Asciano definierte seine Ape seinerzeit so: "Unser Ziel war es, die Marktlücke im Nutzfahrzeugbereich während der Nachkriegszeit zu schließen, indem wir einen dreirädrigen Lieferwagen mit kleinem Motor anboten, der günstig in Anschaffung und Wartung, leicht zu fahren und selbst im dichtesten Stadtverkehr wendig war und vor allem eine geeignete, schnelle und praktikable Lösung für die Hauslieferung von im Laden gekauften Waren darstellte."

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