Schnell, zu schnell
In gewisser Weise ist das auch das Fazit der Eltern, die mit dem Kind – auf dem elektrifizierten Fahrrad – diverse Ausfahrten unternommen haben. Auf der Pro-Seite: Die Sechsjährige schafft damit Touren und Steigungen, die mit einem normalen Fahrrad undenkbar wären. Das geht so weit, dass die Erwachsenen ihr Fahrrad bergauf schieben müssen, das Kind hingegen gelassen bis nach oben fährt. Auch die zurückgelegten Distanzen sind viel größer und nähern sich dem Niveau der Erwachsenen an. Ein- bis zweistündige Radtouren sind durchaus möglich.
Aber: Es geht mit dem E-Bike auch rasant dahin und die Erfahrungen zeigen, dass gerade junge Kinder die Geschwindigkeit nicht richtig einschätzen können. Weshalb ausschließlich auf Feldwegen ohne Verkehr getestet wurde, um die Risiken des Straßenverkehr zu meiden.
Das sagen Mobilitätsexperten
Was aber sagen Mobilitätsexperten zu Kinder-E-Bikes? Es gibt immer mehr Modelle auf dem Markt, auch wenn sie an den Verkaufshype der Erwachsenenräder noch nicht herankommen.
Marion Seidenberger vom ÖAMTC sieht das Thema kritisch. „Klar: Es geht leichter, weiter, länger und schneller, wenn ein Elektromotor beim Treten unterstützt. Aber ist das auch gut? Konzentration, Einschätzung, Koordination und Können der Kinder können da sehr oft nicht mithalten.“ Die Expertin warnt: „Man überspringt mit einem E-Bike wichtige Entwicklungsschritte“. Denn: Bei normalen, muskelgetriebenen Fahrrädern sei die Selbstwirksamkeit ein wichtiger Faktor. „Dass man etwas aus eigener Kraft und aus eigener Entwicklung heraus schafft. Mit dem E-Bike überspringt man aber solche Entwicklungen. So‚ als würde man in einem Film vorspulen. Das kann zu Überforderung führen und zu gefährlichen Fahrfehlern und Unfällen“, so die ÖAMTC-Expertin.
Auch der deutsche Sportwissenschafter Ingo Froböse hält E-Bikes für Kinder aus sportmedizinischer Sicht nicht für empfehlenswert. Dem Südwestrundfunk (SWR) sagt er: „Kinder müssen Anstrengungen lernen und erfahren. Sie brauchen stimulierende Reize, um wiederum Wachstumsreize zu provozieren.“ Ein E-Bike im Kindesalter sieht Froböse sogar als eine Art Wachstumsbremse.
Eine Altersempfehlung, ab wann ein E-Bike für Kinder doch sinnvoll ist, gibt Expertin Seidenberger nicht. Manche Experten sagen, erst mit 14 sei ein Kind reif, mit einem E-Bike umzugehen. „Nicht das Alter ist entscheidend, sondern die Reife des Kindes“, sagt Seidenberger. Wichtig sei aber, dass der Umgang mit dem E-Bike jedenfalls geübt wird, das Fahren und das Bremsen beherrscht werden. Und ja, es gebe durchaus Einsatzbereiche, wo ein E-Bike sinnvoll ist. Aber im Alltag reiche meist die pure Muskelkraft.
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